„  "Im Wald, da sind die Schlangen“        

                       (2.Teil der „Im Wald-Trilogie)

 

Wie auch der erste Teil spielt dieses Buch

 in den Achtzigerjahren in meiner Heimatstadt,

 Dudweiler.

Im dritten Erzählstrang blende ich in

die frühe Neuzeit zu einer Hexenverbrennung

( wahre Begebenheit) zurück.

Hier streiten ein Gott und ein Dämon um die

Gunst und die Seele einer jungen Hexe. 

 

  Autorin: Tina Krauss

 Verlag: Dreamc@cher

 Seitenzahl: 385

 Lesealter: ab 14 Jahre

 Taschenbuch: 10,45 Euro/ E-Book: 2,69 Euro Amazon

 ISBN-Nummer: 978398223100

Hurra! Nun auch als Taschenbuch und über Bookmundo als Taschenbuchedition(ISBN:978940381917) 

 

 

 

 

Inhalt:

Wie auch im ersten Teil geht es im zweiten um Lutz und Nini und ihre Freunde im Jahr 1986 und wieder in Dudweiler-Herrensohr(auch Kaltnaggisch genannt).

Die Kids sind älter geworden, aber ihre Probleme nicht kleiner. Zwischen Nini und Lutz läuft es nicht so und mit einem Mal taucht da auch noch Mario aus Ninis Vergangenheit auf.

Wolfgang, Lutz brutaler Stiefvater, sitzt zwar noch im Knast, aber der Junge hat Angst vor seiner Rache.

Manchmal kann er vor Furcht nicht schlafen und sieht ihn ums Haus schleichen. Plötzlich wird Jupp, der Gärtner angegriffen und schwer verletzt.

Leider hat Sebastian eine traurige Wahrheit für seinen Freund.

Nini ist immer noch Herrin im Blumenland. Gegen den Rat der „Blauen Blume“ begibt sie sich auf eine gefährliche Reise, um ihre Macht auszutesten.

Sie beschwört sich Flügel und stürzt in einen Krater. Hier droht die Mutter-Kröte sie zu verschlingen und die Blaue Blume widersetzt sich ihrem Befehl

Was gibt es noch?

Es gibt einen dritten Strang.

Weshalb müsst ihr dieses Buch lesen?

Weil es Realität und Fiction perfekt verbindet und zumindest dieser dritte Strang über die sogenannte „Welsche Jodoca“ auf wahrer Begebenheit beruht.

Um das Rätsel um den verwunschenen Wald zu lüften, blende ich ins Jahr 1631 zurück. In diesem Jahr wurden in Saarbrücken zwei Hexen verbrannt: Die Welsche Jodoca (, wobei welsch ausländisch - hier italienisch – bedeutet) und ihre Freundin, Maria Veneficia (Maria, die Giftmischerin). Aus irgendeinem Grund war über diese Hinrichtung kaum etwas vermerkt, aber es rankten sich einige Legenden darum.

In meiner Erzählung betet Jodoca einen Waldgott, namens Hoenir, an. Der ist in der Nordischen Götterwelt beheimatet. Hoenir verspricht ihr das Blaue vom Himmel, wenn sie nur für ihn ein gefährliches Ritual vollzieht und das geht leider schief. Nun hat Jodoca nicht nur die Schergen Graf Johanns, sondern auch noch einen Dämon, genannt Tschinchini. Nichts desto trotz will sie unbedingt ihre Freundin, Jodoca, vor dem Feuer retten.

Wird ihr das gelingen? Lest selbst!

 

                                    

 

 

"Im Wald, da sind die Schlangen"

Bei diesem Buch geht es um den zweiten Teil, der "Im Wald-Trilogie". Der erste Teil ist "Im Wald, da sind die Schweine". Das Buch spielt in meiner Heimatstadt, Dudweiler. Es hat fantastische Züge und ist ab 14 Jahren. 

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                                   Leseprobe:

 

 

                                           Das Vermächtnis

      1631  Jodoca -  “Im Wald, da sind die Schlangen....

                                                       und die sind schwer zu fangen....“

 

Der Wald stellte sich mir wie eine unüberwindbare Wand in den Weg.

Als ich seine Schwelle übertrat, spürte ich, wie er sich meiner bemächtigte.

Meine Verfolger waren mir dicht auf den Fersen und ich wusste nicht, ob ich mein Versprechen würde einlösen können.

 Die Stimmen des Waldes flüsterten mir zu und ließen mich erschaudern. Denn sie kündeten von einem bösen Ende. Unsicher setzte ich meine Schritte. Mit bloßen Füßen hastete ich durchs Gesträuch. Äste knackten unter mir, Dornen zerrten an meinem Unterkleid.

 In dieser Erde war so viel Leben, war Anfang und Ende.

Sie rief nach mir. Dumpf klang es in meinen Ohren:

»Welsche Jodoca*,aus mir kommst du und zu mir wirst du werden. Und es dauert nicht mehr lange.«

In meinem Nacken spürte ich den Atem meiner Verfolger.

In meiner schwitzenden Hand lag ein kühles Stück Metall.

Von ihm ging eine nährende Kraft aus. Meine Gedanken fanden in schwindelnde Höhen zu den Sternen, während mein Körper sich durch das Dickicht quälte und mehr als einmal auf der nachtfeuchten Erde aufschlug. Ich schwitzte und zitterte gleichzeitig. Irgendwann fiel ich in den Morast, mein Kleid hing in Fetzen und ich begann zu schluchzen.

 Da sah ich die Sterne zum ersten Mal. Sie schickten mir ihr kaltes Licht und kicherten sicherlich in luftiger Höhe über mich armes Erdenkind,denn mein Schicksal war besiegelt: Sie hatten mich als Hexe angeklagt.

 Nun hörte ich Hunde jaulen und meine Beine versagten den Dienst. Ich fühlte das nasse Gras und griff mit meiner linken, freien, Hand hinein, denn ich wollte es nie mehr loslassen aus Furcht, ich würde sonst nie wieder nasses Gras fühlen.

 In den Zweigen über mir rauschte es, ich lag am Wegrand, die Halme waren lang und obwohl kühler Tau auf ihnen lag, spürte ich wie widerspenstig sie in ihrem Inneren aufgrund des ungewöhnlich kalten Frühjahres waren. Eine Eule rief zweimal, doch sie blieb für mich unsichtbar.

»Unsichtbar, das müsste ich auch sein. Wäre ich nur

  wirklich eine Hexe! Hoenir gib mir Kraft!«

Während ich mein Gesicht in meinen Händen vergrub, drückte ich das Amulett so fest gegen meine Stirn, dass ich fühlte, wie sich das Relief tief in meine Stirn grub.

 

                                                         *

 

 

16-Nini                “   Jedoch wie wunderbar

                                                                wird   alles sonnenklar.”

Ich hatte mich hingelegt und die Augen geschlossen. Leider hörten die Gedanken in meinem Kopf nicht auf sich zu drehen. Sie drehten sich wie ein unendlicher Strudel.

Warum hatte jemand den alten Jupp zusammengeschlagen?

Er war einer der nettesten Menschen, die ich je getroffen hatte - von seinem Hang zum Schnaps mal abgesehen.

 Wo war Lutz abgeblieben?

Was trieb ihn immer weiter von mir weg?

Oder war ich es am Ende, die auf Abstand ging?

Ich wusste es nicht.

Aus dem Strudel meiner Gedanken tauchte Mario auf. Er lächelte und ich fühlte einen Stich in meinem Herz.

War ich am Ende in ihn verliebt?

 Vor zwei Jahren, als wir noch Kinder waren, war alles einfacher gewesen.

Ich dachte daran, als wir in der Hütte übernachtet hatten. Ich dachte an Leon und seinen Schnuller und wie Lutz mit Eddie gekämpft hatte. Damals glaubten wir, Eddie sei böse. Aber so war es nicht wirklich. Er war ein Beschützer. Er beschützte den Zauber des Waldes. Und er sah in die Herzen der Wesen, die den Wald betraten.

Sie durften nichts nehmen, wenn sie nichts gaben. Das war ein einfaches Prinzip*.

 

Mit einem Mal war ich in meinem Blumenreich. Dichter Qualm umwaberte mich, so dass ich kaum etwas sehen konnte.

»Blaue Blume! Wo bist du?«

»Ich bin hier, Herrin. Rette mich! Rette uns! Das ewige Feuer ist nah. Es will uns verschlingen.«

Ich reckte meine Hand gen Himmel, wo ich nur mit Mühe die zwei Sonnen erkannte:

»Wolken kommt geschwind heran, das man wieder atmen kann!

  Vergießet eurer Tränen Flut! So wird alles wieder gut.«

Kaum hatte ich das gesagt, ballten sich gewaltige lila Wolken so hoch wie Hochhäuser.

Gleich darauf spürte ich warmen Regen auf meiner Haut und der schwarze Qualm verflüchtigte sich wie Dunst in der Dusche.

Dann sah ich die Blaue Blume. Sie sah mitgenommen aus. Das Gras unter ihr war verkohlt.

Als ich jedoch zu ihr trat, hob sie ihren Kopf und sah mich mit ihrem schönen Gesicht an.

 »Herrin!«

 »Meine liebe Freundin, was ist geschehen?«

 »Ein Moloch* fliegt übers Land, geboren vor unendlichen Zeiten, will er es an sich reißen und will uns Geschöpfe des Lichts vernichten.«

»Wer ist es? Nenne mir seinen Namen!«

»Manches Böse ist verkleidet und man kann es nicht erkennen. Dennoch dürfen wir uns nicht von seiner Maske täuschen lassen... Versprich es mir Herrin...versprich es...«

»Versprechen - was für ein seltsames Wort für ein Wesen wie mich. Weiß ich heute wie mir morgen der Sinn steht? Doch ich werde das Böse erkennen, in welche Larve es sich auch immer hüllt.«

 »Allmächtige Blumenfreundin, in diesem Land erkennst du alles und dein Blick ist ungetrübt. Doch bedenke, wenn du auf der anderen Seite bist, senke deinen Blick und du wirst den Bann brechen.«

 »So sei es!« verkündete ich feierlich.

 

 

Die Worte der Blauen Blume hallten noch in mir nach, als mich jemand packte.

Ich wollte schreien, aber jemand presste seine Lippen so fest auf meine, dass ich kaum noch Luft bekam.

In Panik schlug ich um mich, so dass der Angreifer schließlich losließ.

 

                                *

Ich war wieder im Blumenreich, meine schmaragdgrünen Schwingen wogten im starken Wind, doch ich konnte ihn bändigen. Auch hier über den rosafarbenen Wolken konnte ich die Stimme der Blauen Blume hören.

»Herrin, hast du den Schlüssel gefunden?«

»Noch nicht!«

»Die Zeit verrinnt, das Blumenreich ist in Gefahr.«

»Vertraue mir!«

Durch ein Loch in den Wolken sah ich einen Wald unter mir vorbeirauschen. Die Blätter der Kronen waren vor allem gelb und orange und erinnerten entfernt an einen Hain im jungen Herbst. Durch ein Loch in den Wolken erreichte mich ein Schwall heißer Luft, doch ich flog weiter.

Ein lila-schimmerndes Meer erstreckte sich unter mir, die Schwaden verzogen sich und gaben schließlich den Blick auf eine wüstenähnliche Landschaft in strahlendem Rot frei.

 Dann kam Nebel auf, ich dachte es sei vielleicht Rauch. Denn um mich herum flirrte die Luft und ich hatte Angst meine Federn zu versengen.

»Vorsicht Herrin, Gefahr!«

Die Botschaft erreichte mich zu spät und ich war gegen einen hohen, roten Felsen geknallt.

Ein scharfer Schmerz durchzuckte mich und ich war überrascht, dass ich in dieser Dimension überhaupt Schmerz verspüren konnte. Dann fiel ich in eine bodenlose Tiefe.

 Es war zeitweise so heiß, wie in der Glut eines Höllenfeuers. Aber der Wind fing mich auf und bettete mich in den glühenden Sand.

Als ich erwachte war der Himmel über mir grau und der Sand war nur noch lauwarm.

Ich öffnete die Augen. Der Wind hatte mich verlassen und alles war ruhig. Ich schien in einem Krater zu sein unter mir roter Sandboden, den nur karge Flechten bedeckten.

»Blaue Blume?«, auch hier konnte ich mit ihr sprechen.

»Herrin?«

»Wo bin ich?«

»Ihr seid zu weit geflogen, seid vorsichtig, denn eure Macht endet hier! Ich spüre, er wird kommen.«

»Wer? Sprich!«

»Die Hüterin des Schlüssels. Ihr müsst sie überlisten, sonst   verschlingt sie euch.«

Ich sah an mir herunter und spürte mich in der Wüstennacht zittern. Mein Federkleid war zerfleddert wie bei einem Suppenhuhn.

»Ich mache mich nun auf den Weg euch zu retten. Ihr seid verletzt!«

»Nein, bleib! Ich befehle es!«

»Ich sagte bereits. Eure Macht endet hier!«

»Blaue Blume! Es ist zu gefährlich. Ich bitte dich. Ich will nicht, dass dir etwas geschieht. Du bist zu einzigartig.«

»Einzigartig seid ihr. Nur ihr allein!«

 

Ein großer Schatten fiel auf mich und ich versuchte mich aufzurappeln, denn ich lag noch immer im Sand.

Im schwindenden Licht der roten Sonne sah ich eine riesige Kröte, größer als ein Mann.

»Quoak, Blumenfreundin! Was suchst du hier - so weit weg von zuhaus?«

»Ich suche den Schlüssel.«

»Ich bin die Hüterin des Kraters. Vielleicht kann ich dir helfen.«

Die Kröte war hässlich, runzlig und von grauem Grün bedeckt. Sie stank entsetzlich aus dem Maul und ihre Augen waren blutunterlaufen.

»Weißt du, wo der Schlüssel ist?«

»Ich könnte ihn dir eventuell beschaffen.«

»Was willst du dafür?«

»Mein Land stirbt, es ist zu trocken, ich brauche Wasser.«

»Ich kann dir Wasser geben!«, sagte ich und erinnerte mich der zahlreichen Beschwörungen, die mir als Blumenfreundin zur Verfügung standen.

  Am rötlichen Himmel zogen Wolkenfetzen an der Sonne vorbei und ich sammelte meine Kraft und sprach:     

     »Wachse, kleine Wolke, ich befehle es dir!

       Regne, deine Hüterin steht hier!«

Allerdings sah ich, dass die Wolke nur etwas größer wurde und sich nur einige Bausche träge zusammenfanden. Ich spürte, wie die Magie mich schwächte, mehr als ich es im Blumenland gewohnt war.

»Du bist hier an der Grenze deines Seins, ich glaube du kannst es nicht schaffen, dem Krater Wasser zu bringen.«

Ich erhob die Hand gen Himmel: »Wachse und regne, du bist noch

   zu klein!« Und obwohl der Spruch einst viel Schaden angerichtet hatte, beendete ich ihn: »Ein deftiger Schauer, der

  soll es schon sein.«

Ich merkte, wie ich zusehends an Kraft verlor und dennoch sendete ich alles, was mir geblieben war, in Richtung Wolke. Zunächst geschah gar nichts und ich schloss geschwächt die Augen.

 Die hässliche Kröte lachte finster und das Geräusch prallte von den Wänden, als säßen dort hundert Kröten und feixten*.

Dann schossen Blitze zu Boden und ich sah wie die Wolke zu einem monströsen Ding anwuchs, das den gesamten Krater in dunkles, bedrohliches Violett tauchte.

 Blitze explodierten um uns in der Erde und an diesen Stellen rauchte der Sand. Die Kröte sprang entsetzt in riesigen Sätzen Richtung Kraterwand, um irgendwie Schutz zu finden. Und auch ich war mühsam auf die Füße gekommen, meine Flügel waren wieder zu Armen geworden, die nutzlos an mir hingen. Ich schleppte mich zu dem einzigen knorrigen Baum inmitten des Kraters. Die Wolke grummelte und pulsierte wie etwas Lebendiges. Kleinere Blitze knisterten in ihrem Inneren. Es war ein faszinierendes Schauspiel.

 Dann zerbrach sie in zahlreiche, kleinere Teile und aus all diesen Stücken ergoss sich der Regen. Anfangs konnte man die Tropfen im Boden einschlagen sehen, sie rissen winzige Löcher. Der Sand wurde hochgeschleudert. Schnell entstand ein Vorhang aus Wasser. Der Boden wurde schlammiger und da meine Flügel mir nicht mehr dienten, suchte ich nach einem Fels oder Vorsprung, wo ich mich in Sicherheit bringen könnte.

 

Am nördlichen Rand des Kraters sah ich eine Erhebung. Sie erinnerte entfernt an einen umgedrehten Schuh. Während die Kröte sich glucksend und quakend im Schlamm zu wälzen begann, lief ich darauf zu, denn ich ahnte Schlimmes.

Hastig kletterte ich auf den Fels, unter mir begann das Wasser zu schwappen und zu schäumen. Aus dem Himmel schoss immer noch eine wahre Sintflut und ich sah die dunkle Monsterwolke streng an.

Sie grummelte, als sähe sie auch mich: »Schrumpfe Wolke, ich

  befehle es dir! Schrumpfe, deine Hüterin steht hier!«

 Zwei Herzschläge lang stand die Zeit still. Plötzlich donnerte es und es gab einen Riesen-Einschlag. Die Wolke schwoll an, schwoll an und wurde größer, bis sie den gesamten Kratereingang verdeckte. Mit einem lauten Knall platzte das Ungetüm und lauter niedliche, kleine Wattebäusche segelten umher.

 Ich sah auf die Kröte und stellte mit Schrecken fest, dass sie beinahe ums Doppelte gewachsen war.

Sie hatte ihren Mund weit aufgerissen und das grünliche Wasser schwappte ihr nur so ins Maul.

»Wieso tust du das, Blumenfreundin? Ich brauche mehr von diesem labenden Feucht.«

»Wofür brauchst du es denn?«

»Ich weiß es nicht«, gab sie zu. »Aber ich weiß, dass ich es brauche.«

»Ich weiß, dass ich trinken muss, denn ich bin die

 Mutter-Kröte.«

 

                                            *

 

44-Lutz          “  Es  gibt da zwei Rivalen.

                                            Wer wird als Sieger strahlen? “

 

 

Die Blume wurde immer schwächer und mir ging es ebenso. Ich hatte Hunger, wirklich einen Bärenhunger. Dort, wo der Hunger endete, war Verzweiflung, denn ich wusste nicht, was werden sollte.

 Was sollte aus mir werden? Was aus Nini und Leon? Ich liebte Nini doch. Vielleicht hatte ich es in der Vergangenheit nicht so oft gezeigt. Aber musste sie denn gleich mit so nem Fuzzi rummachen, wenn ich gerade nicht am Start war?

 

Wir tuckerten mit dem Mofa den Berg hoch. Es wurde schon dunkel und durch die Blätter der Bäume glomm rot- goldenes Licht. Der Berg war so steil, dass ich mich bei Sebastian festhalten musste, um nicht abzurutschen. Einmal gab es eine heftige Fehlzündung und ich hatte das Gefühl, das Mofa wollte uns abwerfen.

 

»Hey!«, meckerte ich, denn die Blume wurde immer mehr gequetscht.

»Ruhig Brauner, wir haben s gleich.«, beteuerte mein Freund mit seiner dunklen Stimme.

»Ich lauf ja schneller als die Rostmühle fährt.«, behauptete ich.

»Dann mach doch! Da will man mal freundlich sein und dann das.«

»Ach, jetz mach kein Drama draus, bin im Moment halt durch n Wind.«

Endlich waren wir am Krankenhaus angelangt und Sebastian parkte sein Mofa. Ich sprang schon ab und rannte durch die Schiebetüren, die ich ja schon kannte.

»Lutz, warte!«, schrie mein Freund mir nach.

Doch ich rief nur: »345!«

 

Die Klinik saugte mich ein, umhüllte mich mit penetrantem Desinfektionsgestank und schon war ich in ihren Eingeweiden. Ich hatte nie viel für Fahrstühle übrig gehabt und ließ diesen zu meiner Linken liegen, ebenso wie den Marienaltar. Ziestrebig stürzte ich in die Tür zum Treppenhaus und hastete die Treppen hinauf bis zum dritten Stock. Dann hatte ich heftige Seitenstiche und musste kurz verschnaufen. Doch nach zwei Minuten ging es und ich öffnete die Tür. Es war mir bewusst, dass ich zersaust war wie ein altes Suppenhuhn war. Nur das durfte ich mir nicht anmerken lassen. Ich atmete tief und die Extradosis Desinfektionsgestank machte mir Übelkeit. Trotzdem richtete ich mich auf und versuchte die halbzerquetschte Blume stolz wie ein Mitbringsel vor mir zu tragen.

 

Schon konnte ich die 345 sehn. Allerdings hechteten Ärzte rein und raus und ein rotes Alarmlicht leuchtete. Ich hielt in der Bewegung inne und blieb hinter einer der grünen, eckigen Säulen, die es hier überall gab, stehn.

 

»Denk nach Lutz!«, sagte ich zu mir selbst: »Was soll ich machen? Jupp braucht die Blume und ich kann da nicht rein, wenn hier tausende Weißkittel rumschwirren. Ich warte vielleicht bis Sebastian kommt.«

 Also drückte ich mich wie James Bond* an die Wand. Ich stellte mir vor, wie ich eins würde mit diesem hässlichen Moosgrün.Sebastian kam nicht.

»Ob Jupp im Sterben liegt. Vielleicht brennen rote Leuchten über den Zimmern, wenn man stirbt. Das ist nicht gut.« 

Ich beschloss, das zu verbieten, wenn ich mal den Löffel

abgeben sollte.

 

Dann sah ich sie. Ich hatte mich etwas weiter vorgelehnt und guckte in eine der Sitznischen. Da saß sie und sie weinte: Nini! Ich war zwar immer noch sauer wegen dem Rumgeknutsche, aber ich könnte ihr vergeben, wenn sie es bereute.

In diesem Moment kam Sebastian durch die Tür geschnauft. Er atmete, als brauche er ein Sauerstoffzelt.

Nachdem er kurz rumgehustet hatte, sah er wohl die Alarmleuchte über der 345 und dann sah er Nini.
»Ach du Scheiße!«, raunte er. Und er meinte nicht nur die Katastrophe, die sich in Jupps Zimmer abspielte, sondern auch die gegenüber, denn Nini war nicht alleine.

Ein dunkelhaariger Kerl in unserem Alter saß neben ihr und hielt ihre Hand.

»Das is die Schmalzlocke, der ich eine reingehauen hab. Das is er!«, erklärte Sebastian.

Ich hielt den Finger auf den Mund: »Warte, ich will sehen, was passiert.«

Eine Würgeschlange umklammerte mein Herz. Sie drückte zu und bald würde sie es zerquetscht haben. Außerdem waren da noch widerliche Schleimwürmer. Sie hatte raspelscharfe Zahnreihen und zerfraßen genüsslich meine restlichen Organe.

»Lass uns eingreifen, Kumpel! Schlag ihn, vernichte ihn! Denke an Nimues See. Hätte sich einer der Ritter das gefallen lassen? Geschweige denn Artus?«

Ich zog ihn zurück und die Monster in meinem Inneren nagten: »Hör doch auf mit der Kinderkacke! Ich muss sehen, was passiert! Ich muss einfach.«

 Nun war Sebastian sauer. Er war eigen mit seinen Hirngespinsten und obwohl er ein Riesenkerl war, wohnte in ihm ein Kind, das noch an Ritterlichkeit glaubte.

 

Er schielte mich wütend an: »Was passiert? Was passiert, das kann ich dir gleich sagen, mein Freund.« Er machte eine obzöne Geste mit zwei Händen, indem er seine rechte Faust mit Schwung in die linke Hand stieß. Nun war es zu spät.

»Übertreib es nicht!« Ich nahm meinen Freund am Kragen: »Du kannst dir nicht alles erlauben!«

Lässig nahm er mich am Revers meiner Jeansjacke, zog zu und begann mich mühelos in die Luft zu heben: »Tut mir leid, dass deine Guinevere* eigentlich eine kleine Schlampe is....«

Ich bekam keine Luft und trat ihm mit aller Gewalt ans Knie. Das beeindruckte ihn wenig, allerdings bekam ich nun eine andere Ansicht von Ninis Nische und was ich da sah, ließ mir das Blut in den Adern stocken. Sebastian sah, was geschah und setzte mich ab: Meine Nini war dem Fatzke auf den Schoß gestiegen und sie steckte ihm munter die Zunge in den Hals. Ja, die beiden gaben es gar nicht mehr auf und inhalierten sich gegenseitig.

 

Sebastian sah mich mitfühlend an. Er klopfte mir auf die Schulter: »Sorry, Alter! Nix für ungut!«

Achtlos stopfte ich das Halstuch samt Blauer Blume in meine Jackentasche.

In mir verbrannte alles. Ein Vulkan war ausgebrochen. Schlange und Herz verbrannten, die Schleimwürmer zerfielen zu Asche und alles loderte. Mein Name, meine Identität, mein Blut kochte und mein Gehirn war Suppe.

 

 Ich wollte auf ihn losstürmen, auf ihn, auf Nini. Ich würde sie auseinanderreißen und einzeln zermalmen. Ja, das würde ich.

Doch Sebastian hielt mich zurück: »Tu s nicht! Schnapp ihn dir alleine! Zu viele Zeugen!«

Seine Worte drangen nur mühsam durch den Feuersturm aus Adrenalin, der in meinem Kopf tobte. Aber er stellte sich mir in den Weg.

 

Hinter ihm sah ich Eva, die Schwester. Sie stand neben den beiden und schließllich sprach sie Nini an: »Gut so!«  Nini rückte erst von ihm weg.

Doch dann nahm sie die Hand des Jungen und zog ihn auf die 345 zu. Sie gingen rein. Das rote Licht war aus. » Scheiße!« Ich überlegte ihnen zu folgen. Da schälte sich so ein Typ hinter einem Pfosten hervor. Er rückte seine Mütze zurecht und ging den beiden hinterher. Ein paar Minuten später kam der Typ mit Mütze und Cargohose aus Jupps Zimmer. Ninis Verehrer folgte ihm und ich erkannte in dem Älteren den Kerl, der mir beim ersten Besuch hier am Aschenbecher Feuer gegeben hatte.

Er marschierte schnurstracks auf den gläsernen Raucherraum zu.

Während der Jüngere in Richtung einer großen Kaffeemaschine trabte.

»Ja, zieh du nur deinen Scheißkaffee! Es wird dein letzter sein!«

 

Jedes Gefühl und alles, was je mit Gewissen zu tun gehabt hatte, ging in Rauch auf. In meinem inneren Schlachtfeld gab es keinen Platz mehr für Sentimentalität. Ich hatte die Blume auf den Boden fallen lassen, ohne es zu merken. Dann folgte ich der Spur dieser Hyäne und ich traf ihn in einer Kaffeenische. Den dampfenden Becher in der Hand, starrte er mich an. Er wusste nicht, wer ich war - wusste nicht, dass er gerade mein Leben zerstört hatte.

 Das Erste, was ich tat, war ihm den Becher ins Gesicht zu schlagen und während er noch aufheulte, gab ich ihm eine auf die Nase. Er fiel einfach um. Überall war Kaffee. Ich hätte etwas sagen können. Ich hätte etwas denken können. Doch ich tat es nicht. Das Feuer in mir loderte wieder auf und ich schlug und schlug. Ich sah den Kaffee und dann kam das Blut dazu und das Rauschen. Oder war es Geschrei? Mein Kopf war zu heiß, es gab keine Worte, die das überstanden. Aber Kreischen war da,- wie von Möwen am Meer. Nur dass die Möwen Leute waren und das Meer war Blut und Kaffee. Irgendwann stieß ich an etwas Großes, das nachgab und alles um mich herum war voller Splitter. Das bremste mich nicht. Der Schmerz machte mich noch wilder. Da stampfte ein Zyklop durch das Meer aus Blut und Kaffee und er hielt meine Hände fest und er brummte und trug mich mit sich fort. Weit weg von den Möwen!

 

Das Feuer war aus.

 

 

Das Besondere an diesem Buch:

 

Im Gegensatz zum ersten Teil steckt ein Körnchen Wahrheit darin. Denn die Welsche Jodoca ("welsch "bedeutete ausländisch, hier italienisch), die gab es wirklich. Leider wurde sie 1631 als Hexe verbrannt und das war tatsächlich sehr ungewöhnlich. Sie war mit ihrer Freundin, Maria Venefica ( Maria, der Giftmischerin) in Saarbrücken festgenommen und des Schadenszaubers angeklagt. Um das Buch zu schreiben , suchte ich nach einer Hinrichtung, die in Saarbrücken stattgefunden hatte, denn es musste ja in der Frühen Neuzeit in Laufnähe für meine Figuren gewesen sein. Allein, da wurde nur diese Verbrennung erwähnt und während man in anderen Archiven reihenweise Auflistungen von Hexenverbrennungen und den sogenannten peinlichen Befragungen findet, war es unter Graf Johann nicht gerne gesehen, eine junge Frau unter derlei Umständen hinzurichten. Denn der wirkliche Graf Johann und das muss ich hier erwähnen, war kein Anhänger der Inquisition. Im Buch habe ich mir erlaubt es anders darzustellen.

Nein, Graf Johann hatte mit Frauen bis vierzig Jahren anderes im Sinn, sie sollten noch Kinder kriegen und sein Land, das vom Dreißigjährigen Krieg und Seuchen ausgemerzt war, wieder bevölkern.

Ich fand sogar eine kleine Sage um ihn und Jodoca. Maria war wohl schon verbrannt und der Graf kehrte von einer Reise heim. er hatte verboten, das Mädchen anzurühren. Doch seine Untergebenen, übereifrig wie sie waren, hatten die vermeintliche Hexe gefoltert. Als er in ihre Zelle kam, fand er sie tot. Rasend vor Wut soll der Graf sie auf seinen eigenen Armen heruntergetragen und sie auf einem Kirchof beigesetzt haben. Ein No-Go? Ein Von-und-zu durfte das wohl.